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US-Repräsentantenhaus Herzlichen Glückwunsch, Herr Trump

Donald Trump und Mike Johnson im Februar 2020
Donald Trump und Mike Johnson im Februar 2020: ziemlich beste Freunde
© Leah Millis / Imago Images
Nach drei Wochen absurdem Gezänk hat das US-Repräsentantenhaus einen neuen Vorsitzenden. Ein gewisser Mike Johnson schwingt fortan den Sprecherhammer. Der wahre Gewinner ist aber jemand, den niemand erst googeln muss.

Mike Johnson. Mike Johnson. Mike Johnson. Den Namen des fortan drittmächtigsten Mannes der USA werden auch die allermeisten Amerikaner erst einmal googeln müssen. 

Tatsächlich wirkt der neue Sprecher des Repräsentantenhauses auf den ersten Blick genauso generisch wie sein Name. Eben wie ein netter, aber doch irgendwie blasser Typ, der sich lieber am Sonntagvormittag die Füße im Park vertritt, als seine Meinung am Montagmorgen im Parlament. Doch die Ned-Flanders-Fassade täuscht. Johnson ist rechts. So richtig rechts.

Als waschechter Hardliner verfügt er über die nötige ideologische Grundausstattung, die ein Erzkonservativer im Post/Prä-Trump-Zeitalter braucht: Der Jurist und ehemalige Radiomoderator ist strikter Abtreibungsgegner, bezeichnet Homosexualität als "gefährlich" und zweifelt den menschengemachten Klimawandel an.

Das allein macht den Abgeordneten aus Louisiana erstmal nicht zu etwas Besonderem. Denn was vor wenigen Jahren als skandalös radikal galt, ist heute Werkseinstellung. Doch hat der 51-jährige Südstaatler etwas vollbracht, woran die drei mächtigsten Männer der Partei zuvor krachend gescheitert waren: Er hat die bis zur Unkenntlichkeit zerstrittene Fraktion hinter sich versammelt und dem hochnotpeinlichen Gezänk unter den Mitte-Rechten und Rechten-Rechten ein Ende gemacht. Zumindest vorerst.

Das vom Machtkampf völlig ausgelaugte Partei-Establishment wollte am Ende vermutlich einfach nur, dass es vorbei ist. Immerhin kein Jim Jordan, werden sich einige Gemäßigte müde freuen. Doch, so sehr sich die Mitte den Ausgang dieses parteiinternen Gemetzels schönreden mag: Auch Sprecher Johnson ist das Ergebnis eines rechtsextremen Gruppenprojektes, initiiert von den Hardcore-Trumpisten.

Wirklich gewonnen hat am Ende nur einer: Donald Trump.

Trump hat die Mitte ausradiert

Der Ex-Präsident hat auch in der Fernbeziehung mit den Republikanern die Hosen an. Als sich die Partei nach zwei erfolglosen Kandidaturen auf den Gemäßigten Tom Emmer einigte, textete Trump ein Machtwort. Emmer sei "völlig abgehoben von den republikanischen Wählern" und ein "Globalisten-RINO" (ein Republican In Name Only – ein Republikaner nur dem Parteibuch nach), schrieb er auf seiner Plattform "Truth Social". Wenige Stunden später nahm Emmer seinen Hut aus dem Ring. 

Trump regiert in GROSSBUCHSTABEN, sein Zepter ist das Smartphone. Hätte er den Abgeordneten nicht seinen messianischen Segen erteilt, für seinen langjährigen Verbündeten Johnson zu stimmen ("Meine ausdrückliche EMPFEHLUNG ist es, sich für den Spitzenkandidaten Mike Johnson zu entscheiden"), wäre der niemals Sprecher geworden. Bereits Ex-Speaker Kevin McCarthy verdankte als formvollendeter Opportunist jede Minute seiner historisch kurzen Amtszeit Trump und seinem Hofstaat.

Die Republikanische Partei von einst, die gibt es nicht mehr. Trump hat die Mitte ausradiert, das Extreme kultiviert. Wer nicht bedingungslos für ihn ist, ist gegen ihn. Und wer gegen ihn ist, wird in der Partei geghostet. Wenn eine kleine Gruppe trumpscher Schreihälse ein ganzes Land in politische Geiselhaft nehmen kann, dann ist die Demokratie krank. Und wenn Kompromissbereitschaft auch in Zukunft Verrat bedeutet, wird diese Demokratie nicht wieder gesund.

Wie so viele Rechte verbreitet auch Johnson bis heute fleißig das Märchen, wonach Trump 2020 der Wahlsieg gestohlen wurde. Der gelernte Verfassungsrechtler versuchte sogar, den legitim abgewählten Präsidenten mit juristischen Kniffen irgendwie im Amt zu halten. Damals war Johnson nur ein Hinterbänkler. Sollte es bei den kommenden Präsidentschaftswahlen wieder eng werden, dürfte er sich breitbeiniger denn je auf die Seite seines Gönners stellen – und diesmal hätte er wirklich etwas zu sagen.

In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch, Herr Trump.

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