Review

Ryuichi Sakamoto

Ongaku Zukan

WeWantSounds • 1984

Der Albumtitel darf als Überschrift über Ryuichi Sakamotos künstlerischen Anspruch gelesen werden. »Ongaku Zukan« heißt übersetzt »musikalische Enzyklopädie«. Der japanische Komponist, Musiker und Produzent arbeitete mehr als vier Jahrzehnte bis zu seinem Tod Anfang dieses Jahres wie ein Wissenschaftler an einer multistilistischen Meta-Musik, die nichts als Musik zum Thema hatte. 1983 wurde Sakamoto mit dem Film-Soundtrack »Merry Christmas Mr. Lawrence« in den internationalen Mainstream befördert und sein einflussreiches Yellow Magic Orchestra war (zum ersten Mal) auseinandergegangen. Für sein viertes Soloalbum »Ongaku Zukan« hatte sich Sakamoto ein teures Spielzeug angeschafft, das damals wie die Manifestation der Zukunft gewirkt haben muss: der Fairlight CMI, ein digitaler Synthesizer mit Sampler, der seinen Experimenten keine Grenzen setzte. Auf dem Album arbeitete Ryuichi Sakamoto mit dem Fairlight und zwei Dutzend Musiker:innen, darunter die beiden YMO-Kollegen Haruomi Hosono und Yukihiro Takahshi, an einem Mit- und Nebeneinander der unterschiedlichsten Stile. Es gibt asiatisch gefärbten Electro-Pop, Umdeutungen europäischer Kunstmusik, avantgardistischen Minimalismus, Proto-Techno und Jazz-Entwürfe. Alles Ausdrucksformen, die Sakamoto in den kommenden Jahrzehnten ausführlicher erforschen würde. Nach fast 40 Jahren wird »Ongaku Zukan« zum ersten Mal international in den beiden raren japanischen Versionen veröffentlicht, inklusive Bonus-EPs auf Vinyl 7″ oder Vinyl 12″.