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All-Inclusive-Eltern Subtile Fehler, mit denen Eltern unselbstständige Kinder erziehen

Eun Mädchen sitzt gelangweilt auf einem Sessel, den Kopf auf ihren Arm gestützt
© Hit Stop Media / Adobe Stock
Egal in welchem Alter das Kind auch sein mag, ob es noch in der Schule ist, ins Jobleben startet oder bereits mehrere Jahre in der Arbeitswelt verbracht hat: Eine Angewohnheit der Eltern sorgt für Unselbstständigkeit beim Nachwuchs, die sich lange halten kann.

Es ist ganz normal und richtig, die eigenen Kinder unterstützen zu wollen, ihnen Hilfe und Rat anzubieten und sich um sie zu kümmern. All das sind Komponenten einer liebenden Beziehung. Doch wenn diese zu stark ausgeprägt sind, kann das zu fehlender Selbstständigkeit beim Nachwuchs führen. Dann werden Eltern zu ständigen Retter:innen anstatt Unterstützer:innen. Die Kinder lernen nicht, sich auf sich selbst zu verlassen – sondern kehren immer wieder zu den Eltern zurück; bis ins Erwachsenenalter.

Natürlich ist es schön, gebraucht zu werden und zu wissen, dass man einen "sicheren Hafen" für das eigene Kind darstellt. Das spricht für ein großes Vertrauen in die Beziehung. Wird die Fürsorge der Eltern aber zu groß, halten sie den Nachwuchs möglicherweise davon ab, eigene Fähigkeiten weiterzuentwickeln und auch an sich zu glauben.

Anzeichen für unselbstständige Kinder im Erwachsenenalter

Kinder, die von ihren Eltern in jeglichen Lebenslagen Hilfe erhalten, können sich durchaus glücklich schätzen. Und generell gehört das liebevolle Unterstützen des Nachwuchses zur Eltern-Kind-Beziehung dazu. Wenn diese aber zu einem All-Inclusive-Paket zur Lebensführung ausartet, wird es zu viel. Und diese Gewohnheiten ziehen sich möglicherweise bis ins Erwachsenenalter. Das kann dann beispielsweise so aussehen:

  • Eltern übernehmen allgemeine Tätigkeiten wie Wäschewaschen oder Putzen – unabhängig davon, ob das Kind noch zu Hause wohnt oder nicht.
  • Eines der häufigsten Zeichen ist, dass Eltern Zahlungen oder andere Finanzen übernehmen. Beispielsweise das Auto und die dazugehörige Versicherung oder die Miete.
  • Kinder fragen bei banal wirkenden Kleinigkeiten ihre Eltern um Rat oder lassen sich die dazugehörigen Aufgaben direkt abnehmen.
  • Eltern schränken sich selbst ein, um ihr Kind zu unterstützen – verschieben vielleicht Urlaube oder Treffen, um für es da zu sein.
  • Eltern wenden negative Emotionen von ihren Kindern ab, beispielsweise indem sie die Schuld auf andere schieben.

Hin und wieder dem Kind aus der Patsche zu helfen, ist natürlich kein Grund zur Sorge. Wenn das Leben nach der Schule erst begonnen hat beispielsweise. Zu Beginn an der einen oder anderen Stelle auszuhelfen, ist normal. Bleibt es aber über Jahre bei solchen Angewohnheiten, kann das Folgen für Eltern und Kind haben.

Auswirkungen unselbstständiger Eltern

Die Unselbstständigkeit eines erwachsenen Kindes hat Folgen. In einer solchen Eltern-Kind-Beziehung leidet sowohl deren Stabilität als auch die Autonomie der betroffenen Parteien.

... auf die Eltern

Die anhaltende Helferrolle kann Eltern überfordern und Energie rauben, da sie sich immerzu kümmern müssen – durch Fahrerei, das Organisieren von Dingen oder häufige Anrufe beispielsweise. Abschalten fällt schwer, da sie sich Sorgen um das unselbstständige Kind machen und oft auch darum, was passiert, wenn dieses sich rücksichtslos benimmt. Beispielsweise die eigenen Rechnungen ignoriert, wofür die Eltern später bürgen müssen. Sie sind der Sündenbock, wenn etwas schiefgeht. Der Druck dieser außer Balance geratenen Beziehung kann dazu führen, dass die Eltern sich ihre eigene Selbstständigkeit zurückwünschen sowie mehr Distanz zum Kind.

... auf die Kinder

Neben der fehlenden Selbstständigkeit kann das Kind auch ein selbstsüchtiges oder unverantwortliches Verhalten an den Tag legen. Schließlich springen die Eltern, sobald ein Problem sich ankündigt – sie selbst sind das Zentrum ihrer Aufmerksamkeit. Und, jetzt mal überspitzt dargestellt: Wer nicht lernt, dass man zuerst die Miete bezahlt, ehe man sich die neueste Konsole anschafft, verlässt sich eben auf das Geld der Eltern anstatt auf sich selbst. Einen Job weiterführen, obwohl er gerade anstrengend ist? Der einfachere Weg ist, stattdessen auf die Eltern zu setzen. Mental sowie emotional sind sie weniger reif als andere Personen in ihrem Alter. Sie verlassen sich auf ihre Eltern, da sie nicht gelernt haben, sich Sorgen um die alltäglichen Dinge des Lebens zu machen – wie Finanzen oder einen Job. Oft haben sie keine Motivation für derlei Dinge, da sie diese nie gebraucht haben.

Wie Eltern und Kinder an dem Ungleichgewicht arbeiten

In weniger schwerwiegenden Fällen kann die Familie mit den folgenden Punkten beginnen:

  • Grenzen setzen: Welche Grenzen gesetzt werden müssen, ist sehr individuell. Es könnte beispielsweise ein besserer finanzieller Rahmen sein oder dass zwar gern vorübergehend in das Elternhaus eingekehrt werden darf, aber nicht permanent – außer natürlich in einem Notfall.
    Doch selbst wenn ein aufgeregter Anruf reinkommt: Am besten nehmen sich Eltern 24 Stunden Zeit, um zu antworten. Ist es wirklich so dringend? Ist es etwas, wo sie einschreiten müssen? Oder ein Problem, das das Kind allein bewältigen können sollte?
  • Realistische Vorstellungen und Ziele: Es wird sich nicht von heute auf morgen alles ändern können. Eine disruptive Beziehung wird eine Weile brauchen, bis sie wieder ins Gleichgewicht kommen kann. Es wird Schwierigkeiten in der Kommunikation geben, und auch das Verhalten beider Parteien wird eine Weile brauchen, um sich zu bessern und das alte Muster zu durchbrechen.
    Geht es um Finanzen, die nicht mehr getragen werden sollen? Dann nicht alles auf einmal wegnehmen, sondern Stück für Stück. Erst übernimmt das Kind vielleicht nur die Miete und später, nachdem es mehr Eigenständigkeit besitzt, auch die Versicherung fürs Auto.
  • Sich an die Regeln halten: Das Wichtigste ist, sich an die gesetzten Grenzen und Ziele auch zu halten. Das stellt meist eines der größten Probleme dar. Einerseits, weil die Eltern es gewöhnt sind, nachlässig mit ihrem Kind zu sein, und andererseits, weil das Kind es gewöhnt ist, Dinge von ihnen einzufordern. Es wird daher Streitigkeiten geben, aber an den Auseinandersetzungen kann die Familie wachsen.

Es ist in Ordnung, wenn es aus eigener Kraft nicht funktioniert. Wenn die Eltern bereits mehrfach versucht haben, dem Kind das Problem klarzumachen, ist es möglicherweise an der Zeit, professionelle Hilfe hinzuziehen.

Verwendete Quellen: betterhelp.com, regain.us, forbes.com, psychologytoday.com

lkl Brigitte

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